Als Jesus am Kreuz starb, stand ihm gegenüber ein Hauptmann, der sprach: „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ (Mk 15,39). Er war der Befehlshaber über das Hinrichtungskommando, das Jesus ans Kreuz schlug. Als Zenturio befahl er über etwa 80 bis 100 Mann. Vermutlich wird es nicht die erste Hinrichtung gewesen sein, die der Hauptmann durchführen ließ – entsprechend abgebrüht dürfte er gegen das unerträgliche Leid der zu Tode Gequälten gewesen sein. Ausgerechnet er, ein Römer, also ein Heide, erkannte, dass der Hingerichtete Gottes Sohn war. Sein Bekenntnis war öffentlich, jeder der Umstehenden konnte es hören. Die Juden hatten in der Mehrzahl Jesus abgelehnt, ein heidnischer Hauptmann aber bekannte seine Gottessohnschaft!
Die offizielle Anklage gegen Jesus stand über dem Kreuz: König der Juden (Mk 15,26). Für die Römer zählte lediglich der politische Grund, der zum Todesurteil führte: Immer dann, wenn sich ein jüdischer Aufrührer als König der Juden bezeichnete, hatte er sich der Gefahr der Hinrichtung ausgesetzt. Ob sich derjenige auch Messias oder Gottessohn nannte, war den römischen Besatzern in Palästina gleichgültig. Ihnen ging es darum, Aufruhr zu verhindern, politische Agitatoren kaltzustellen und den Frieden – gerade über die Festtage an Passa – zu bewahren. Deswegen war eine Menge an Militär in der Stadt, denn nichts fürchteten die Römer mehr als einen Aufstand am religiös aufgeheizten Haupt-Fest der Juden. Das ist auch der Grund, warum Pilatus, der Statthalter des Kaisers, von seiner Residenz in Cäsarea am Meer aufgebrochen war und nun in Jerusalem residierte, um die harte Hand der römischen Herrschaft sichtbar zu vertreten.
Wir wissen nicht, wie das Leben des Hauptmanns weiterging: Hat er sich den ersten Christen angeschlossen? Manche außerbiblische Schriften legen dies nahe, ohne dass es beweisbar wäre. Wir dürfen im Bekenntnis des Hauptmanns das Wirken des Heiligen Geistes erkennen, ganz nach dem Wort des Apostels Paulus aus dem 1. Korintherbrief: „Niemand kann sagen: Jesus ist der Herr, außer durch den Heiligen Geist“ (1Kor 12,3). So wollen wir dem Wirken des Geistes Raum geben und Jesus als Gottessohn und Herrn bekennen.
Foto: Lisa + Wilfried Bahnmüller